Fatale Selbstüberschätzung

Arroganzwelle in der Richterschaft?

Nicht selten entsteht in (Straf-)Gerichtssälen der Eindruck, dass Staatsanwälte und/oder Richter am Werke sind, die vom „wahren“ Leben nicht den Schimmer einer Ahnung haben, völlig an der Realität vorbeirichten und sich dabei noch für oberschlau halten.

Zwei konkrete Beispiele gefällig:

1. Eine Richterin (die sich selbst vermutlich für weit überdurchschnittlich intelligent hält) des Landgerichts Braunschweig meinte doch tatsächlich, nachdem die Verteidigung den fehlerhaften Inhalt eines Anschreibens gerügt hatte, mitzuteilen zu müssen, dass „durchschnittlich intelligente Menschen“ das Murks-Schreiben (ohne zu kapieren, dass es Murks ist) selbstverständlich richtig verstehen würden.

2.Die Mitteldeutsche Zeitung berichtet am 01.04.2019 (kein Aprilscherz) über eine Pensionswelle, die die Justiz in Sachsen-Anhalt überrollen wird. In diesem Zusammenhang wird dann Christian Löffler, Pressesprecher des Landgerichts Magdeburg, Mitglied des Deutschen Richterbundes, wie folgt (leider auch kein Aprilscherz) zitiert:

„Eigentlich sollte immer der Richter der Schlauste im, Gerichtssaal sein, mindestens aber so schlau wie die anderen.“

Genau an diesen Beispielen zeigt sich die naive Arroganz dieser oft lebensfremden Selbstüberschätzer. Bevor man sich als Richter auf seine vermeintlich überdurchschnittliche Intelligenz und/oder Schlauheit zurückzieht, sollte man gefälligst die Augen dafür öffnen, dass man selbst durchaus auch Fehler machen kann und dass der eine oder andere der Beteiligten zumindest ähnlich viel/wenig im Kopf hat wie man selbst.

Jedenfalls sollte man vielleicht intelligent und schlau genug sein, mit seiner möglicherweise deutlich fehleingeschätzten Überdurchschnittlichkeit herumzuprahlen und andere unter dem Strich – sei es auch nur zwischen den Zeilen – als dumm zu bezeichnen oder einzuschätzen.

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Über rawsiebers

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, bundesweit tätig, TOP-RECHTSANWALT Deutschland 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020: STRAFRECHT (Focus-Spezial von 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020)
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