Landgericht Braunschweig sieht keine Veranlassung für Normenkontrollverfahren
In dem Verfahren gegen die Betreiber der „Hanfbar“ vor dem Landgericht Braunschweig hatte die Verteidigung zu Beginn der Hauptverhandlung den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gestellt und angeregt, dass die Kammer die einschlägigen Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens dem Bundesverfassungsgericht vorlegt zur Entscheidung über die Frage, ob
a) §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1, S. 2 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in den Handlungsalternativen des Besitzes und des Handeltreibens in nicht geringen Mengen mit Pflanzen und Pflanzenteilen der Gattung Cannabis in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.03.1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Art. 1 der Verordnung vom 02.07.2018 (BGBl. I S. 1078) geändert worden ist, sowie
b) Anlage I zum BtMG-Position Cannabis [Marihuana] Bustabe d (Nutzhanf) sowie Ausnahme b (gewerblicher oder wissenschaftlicher Umgang) mit Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 2 S. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.
Das hat die Kammer im Verfahren 4 KLs 5/19 nun abgelehnt mit folgenden Gründen:
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass es dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber nach dem Grundgesetz erlaubt ist, zum Zwecke des Schutzes der Volksgesundheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) den Umgang mit bestimmten Stoffen zu verbieten und Zuwiderhandlungen unter Strafe zu stellen.
Cannabis ist nach dem Stand der Wissenschaft grundsätzlich geeignet, die menschliche Gesundheit negativ zu beeinträchtigen, indem es chronische psychische Erkrankungen wie beispielsweise Schizophrenien, Depressionen und Angststörungen hervorrufen, bzw. das Risiko des Hervorbrechens bei einer entsprechenden Prädisposition deutlich erhöhen kann (Stellungnahme der Bundesärztekammer vom 19l06.2018 zur Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages am 27.06.2018, S. 5 – https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Stellungnahmen/Cannabiskontrollgesetz.pdf; Patzak/Marcus/Goldhausen, NStZ 2006, 259, m.w.N.). Neuere Forschungsergebnisse stellen als mögliche negative Folgen des Konsums von Cannabis ferner Einschränkungen der Gedächtnisleistung, der Aufmerksamkeit und der Psychomotorik bei hirnstrukturellen Veränderungen fest. Zudem ist ein erhöhtes Suizidalitätsrisiko und ein linearer Zusammenhang zwischen regelmäßigem Cannabiskonsum und geringem Bildungserfolg festgestellt worden (Stellungnahme der Bundesärztekammer vom 19.06.2018, aaO).
Grundlegend neue Erkenntnisse seit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom 09.03.1994 (Az.: 2 BvL 43/92 = BVerfGE 90, 145) und vom 29.06.2004 (Az.: 2 BvL 8/02) vermochte die Kammer auch unter Berücksichtigung der Antragsbegründung nicht zu erkennen. … (wird weiter ausgeführt)
Das lässt sich hören für die Frage der Legalisierung der „normalen“ Hanfprodukte, an der Übertragbarkeit auf Nutzhanfteile mit ausgesprochen geringen Wirkstoffgehalten darf man durchaus argumentative Zweifel anmelden.
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