Späte Einsicht, oder: Akten lesen ist unnötiger Ballast
Ich stelle einen Beiordnungsantrag.
Die Voraussetzung von § 140 II StPO liegen so etwas von vor, dass es nach einer Beiordnung schreit. Es geht um die Wahrnehmung berechtigter Interessen bei einer vermeintlichen Beleidigung. Jura am Hochreck für Amts- und Landgerichte.
Stellungnahme der Staatsanwaltschaft: So ein Quatsch, der spinnt mal wieder der Siebers. Ablehnender Beschluss des Amtsgerichts. Alles easy, natürlich keine Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB).
Beschwerde, Landgericht: Alles Unsinn, natürlich keine Wahrnehmung berechtigter Interessen (eigentlich zwischen den Zeilen: Verurteile bitte, Amtsgericht!).
Verhandlung an einem Montag, Monate später. Die Richterin: Herr Verteidiger, ein offenes Wort, ich habe mir die Akte gestern (am Sonntag) „so richtig“ durchgelesen, also eigentlich stimmt das ja mit den berechtigten Interessen!
Sitzungsvertreter sieht das auch so.
Resümee 1: Wenn es um eine Beiordnung geht, werden die Akten nicht oder nur so oberflächlich gelesen, die umfangreichen Ausführungen zum Rechtsproblem nicht oder über-lesen.
Resümee 2: Wenigstens vor der Verhandlung wird dann doch noch in die Akte geschaut. Nicht immer, aber …
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