Gruselguste
Ich war schon ein wenig neidisch auf den Mandanten, weil ich seine Beschreibung anderer Menschen zumindest ausgesprochen kreativ fand. Aber dass er seine ehemalige Lebensgefährtin mit:
„Du alte Gruselguste, Du warst doch schon immer die Geisterbahn-Erstbesetzung, und die hellste Kerze auf der Torte ganz bestimmt nicht!“
in den Abschied geschickt hatte, fand die gar nicht so gut.
Als Richter und Staatsanwalt sich die Zeugin dann in der Verhandlung anhörten, hatte ich für den Bruchteil einer Sekunde den Eindruck, dass beide vielleicht ganz tief in ihrem Inneren den Anflug des Gedankens hatten, dass die Beschreibung des Mandanten bezüglich der Dame wohl beleidigend aber auch annähernd realitätsnah gewesen sein könnte.
Wie gesagt, nur den Bruchteil einer Sekunde, und ich habe mich auch BESTIMMT getäuscht! Eine Einstellung nach § 153a StPO mit einer saftigen Geldauflage hat dann den Rechtsfrieden wieder hergestellt.
„saftige“ Geldauflage halte ich für so eine Bagatelle überzogen.
Aber schön für die Staatsanwaltschaft in ihrem Bezirk, Kapazitäten frei zu haben, sich mit sowas zu beschäftigen, Andernorts wird sowas auf den Privatklageweg verwiesen, da ein besonders öffentliches Interesse an der Strafverfolgung einer solchen familiären Auseinandersetzung in der Regel nicht besteht.
Es war nicht in „meinem Bezirk“, vielmehr in einem „neuen Bundesland“, und zwar in einem Bezirk, in dem überheftig und oberlaut über die angebliche OberÜberbelastung gestöhnt wird. Aber die Gruselguste hat einen Beruf, in dem man sogar schon beleidigt wird, wenn man mit wunderhübschem Fleckvieh verglichen wird.
Ach, da wurde wohl eine Polizistin beleidigt? War ja klar, dass Sie sich in diesem Fall das hämische Grinsen nur mühsam verkneifen konnten!